…manchmal mehr, als wir wahrhaben wollen.
«Ich habe so viel zu tun, ich habe nicht noch Zeit mich mit dem Konflikt meiner Mitarbeitenden zu beschäftigen. Für mich sind das alles erwachsene Leute… Wir sind hier doch nicht im Kindergarten…» So ähnlich hörte ich es kürzlich von einer Führungskraft, als er über sein Team und die stressige Situation sprach.
Konflikte sind ein normaler und natürlicher Teil unseres Arbeits- und Privatlebens. Konflikte können hilfreich, nützlich oder gar notwendig sein, um Änderungen und Weiterentwicklungen zu ermöglichen, Neues in die Welt zu bringen und Altes loszulassen. Konflikte sind zudem eine Chance, das eigene Potential zu erkennen und kreativ zu werden.
Unbearbeitete Konflikte können Unzufriedenheit, Frust, Hoffnungslosigkeit und andere Emotionen generieren und zu Verhaltensweisen von Rückzug, Dienst nach Vorschrift, innerlicher oder realer Kündigung, Abbruch von Beziehungen, verbaler Gewalt, Krankheit und ähnlichem führen.
Folgen unbearbeiteter innerbetrieblichen Konflikte
Für die Organisation können sich unbeabeiteten Konflikte vielschichtig auswirken. Es geht nicht nur um die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter bzw. die Führungsperson, die unmittelbar in den Konflikt involviert sind, es geht um mehr: nämlich geringere Leistungen, Fehlzeiten, Krankheiten, Fluktuation, Auswirkungen eines Konflikts auf ein ganzes Team, Prozessprobleme, Verzögerungen von Projekten, Fehler, Material-Ausschuss, Produktionseinbussen bis hin zu unzufriedenen Kunden, weil der Service nicht mehr stimmt oder die nötige Innovation nicht vom Fleck kommt. Dies kann zu Imageproblememen führen, sei dies bei Kunden oder bei potenziellen neuen Mitarbeitenden und Führungskräften. Eine Stellenbesetzung kann so noch längere Zeit in Anspruch nehmen.
«Ungelöste Konflikte kommen uns manchmal teurer zu stehen als wir wahrhaben wollen.»
Unbearbeitete Konflikte kosten nicht nur Energie, sie kosten auch Geld.
Zweifelt man daran, helfen heute Konfliktrechner oder ein systematisches Erfassen der direkten und indirekten Konfliktkosten, diese ins Blickfeld zu rücken.
Gefühlte und bezifferbare Konfliktkosten:
- Verlust an Lebensqualität, Zufriedenheit
- Stress und Krankheiten
- Zusammenarbeitsbeziehungen, die Schaden nehmen
- Verlust von Vertrauen, Anerkennung, Respekt und Fairness
- Kosten aufgrund nicht genutzter Arbeitszeit
- Kosten für Konfliktbearbeitungen im Team
- Kosten aufgrund gesteigerter Fluktuation von Mitarbeitenden
- Kosten aufgrund von Ersatz mit Temporär-Mitarbeitenden
- Umsatzverlust durch nicht oder verzögerte Projekte
Eine Studie von KPMG (Deutschland, 2009) zeigt, dass bei Konfliktkosten hohe Einsparungspotenziale möglich sind. Die Umfrage unter 4000 Industrieunternehmen sowie Interviews mit CEOs und Bereichsleiter:innen von Finanz-, Controlling- und Personalabteilungen verschieden grosser Unternehmen brachte unter anderem folgende Ergebnisse:
- 0 bis 15 Prozent der Arbeitszeit in jedem Unternehmen werden für Konfliktbewältigung verbraucht.
- 30 bis 50 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit von Führungskräften werden direkt oder indirekt mit der Bewältigung von Konflikten oder Konfliktfolgen verbracht.
- Fehlzeiten aufgrund betrieblicher Ängste und Mobbing am Arbeitsplatz belasten Unternehmen jährlich mit ca. 30 Milliarden Euro.
- Die Kosten pro Mobbing-Fall betragen im Durchschnitt 60.000 Euro.
- Fluktuationskosten, Abfindungszahlungen, Gesundheitskosten aufgrund innerbetrieblicher Konflikte belasten Unternehmen jährlich mit mehreren Milliarden Euro.
- 25 Prozent des Umsatzes hängen von der Kommunikationsqualität im Unternehmen ab.
„Am teuersten sind laut Umfrage gescheiterte und verschleppte Projekte: Jeder zweite Befragte gibt dafür ungeplant pro Jahr mindestens 50.000 Euro aus; jeder zehnte sogar über 500.000 Euro.“
Die Zahlen in der Schweiz, dürften in einem ähnlichen Rahmen sein. Meine Erfahrung zeigt, dass auch hier oft zu lange zugewartet wird, bis Konflikte Ernst genommen werden.
Wie können Konfliktkosten eingespart werden?
- Durch gezieltes Konfliktmanagement, welches alle Massnahmen umfasst, die dazu dienen, bestehende Konflikte zu bearbeiten, um die Eskalation oder Verlagerung auf andere (unbeteiligte) Mitarbeitende zu verhindern.
- Massnahmen, die dazu dienen, Konflikte gezielt anzugehen und in eine positive Richtung zu lenken, können beispielsweise sein:
- Coaching
- Gruppenprozesse nach worldwork
- Mediation
- Vorbeugende Massnahmen, um Konflikte frühzeitig zu erkennen, sind beispielsweise den Aufbau von Kommunikations- und Konfliktkompetenzen bei Führungspersonen und Mitarbeitenden.
Ihr Gewinn
Werden vermehrt Konfliktbearbeitungen angepackt, wird auch der «Muskel» Konfliktkompetenz im Team und im Unternehmen trainiert. Aufmerksame Führungskräfte und Mitarbeitende sind zunehmend in der Lage, frühzeitig konflikthafte Situationen zu erkennen, anzusprechen und zu bearbeiten.
Ein wichtiger erster Schritt zum Aufbau einer gesunden Streitkultur und zum Einsparen von Konfliktkosten.
Konflikte und die Bearbeitung von Konflikten
gehen vor!
Der Ärger ist als Gewitter, nicht als Dauerregen gedacht; er soll die Luft reinigen und nicht die Ernte verderben.
(Ernst R. Hauschka)