Sie machen jemanden ein Kompliment und dann kommt eine eher «komische» Rückmeldung von Ihrem Gegenüber. Aussagen können sein «oh, das ist doch nicht der Rede wert» oder «das war jetzt Zufall…».
Vielleicht kennen Sie solche Momente der Selbstabwertung nicht nur von anderen, sondern auch von sich selbst. Ich jedenfalls realisiere immer wieder, wie subtil diese Selbstabwertung auch bei mir auftaucht. Sei dies bei meiner Arbeit oder sogar bei mir selbst als Mensch.
Selbstabwertung hat immer emotionale Konsequenzen. D.h. Scham, Schuld oder auch Wut, Eifersucht, Neid, Missgunst, Angst können der Selbstabwertung folgen.
Selbstabwertungen begegnen mir bei Führungspersonen genauso wie bei meinen Privatkundinnen und -Kunden, d.h. die Funktion und das Geschlecht stehen nicht im Vordergrund. Selbstabwertung scheint wie ein antrainierter Reflex zu sein, der bei manchen häufiger und bei anderen seltener auftritt. Bei manchen kann Selbstabwertung zu einer sehr destruktiven Form der Selbstsabotage werden.
Was ist Selbst-Wert-Schätzung?
Selbst-Wert-Schätzung sagt etwas darüber aus, wie und in welchem Mass wir uns selbst bewerten und respektieren, also wie wir mit unserer Würde, Selbstliebe, unserem Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen, Selbstachtung und unserer Selbstakzeptanz umgehen.
Selbstachtung und Selbstrespekt sagen etwas darüber aus, wie wir uns selbst wahrnehmen. Es sagt auch etwas darüber aus, wie wir mit unseren eigenen Schwächen oder unseren Eigenarten umgehen.
Ein gesunder Selbstwert geht einher mit positiven Gefühlen, gestärktem Vertrauen und Zuversicht in das Leben und die Begebenheiten des Lebens. Das Mass unserer Selbst-Wert-Schätzung zeigt sich häufig auch darin, in welchem Mass wir Andere und Anderes wertschätzen können.
Wie zeigt sich sich Selbst-Abwertung?
Es kann Phasen im Leben geben, wo das Selbst-Wert-Gefühl sinkt oder labil ist. Auch kann es sein, dass in bestimmten Lebensfeldern ein Mensch ein gut entwickeltes Selbst-Wert-Gefühl hat und in anderen weniger. Aus meiner Erfahrung und meinen Beobachtungen gibt es viele Formen der Selbstabwertung.
Ein Beispiel aus meiner Coachingpraxis:
Eine jüngere Person hat vor einiger Zeit die Funktion einer Abteilungsleitung übernommen. Trotz vieler Erfolge zweifelt sie sich als Führungsperson immer wieder an. Aussagen, wie «ich bin eine Fehlbesetzung und die anderen haben es nur noch nicht gemerkt» oder «Das was ich tue, ist nicht der Rede wert. Die anderen machen dies ja auch…» sind nur zwei der Aussagen, die ich im Coaching-Prozess gehört habe.
Andere Menschen verwenden in ihrer Kommunikation Worte wie: „eigentlich, vielleicht, ein wenig, etwas, eventuell, man könnte, man müsste usw.“ und werten ihre eigenen Aussagen ab. D.h. die Person will nicht klar auftreten und versteckt sich und ihr Anliegen mit solchen Worten.
Woher kommt das mangelnde Selbst-Wert-Gefühl?
Häufig beginnt der Prozess der Selbstabwertung in der frühen oder gar frühesten Kindheit, im Elternhaus oder in der Schule und anderen sozialen Umfeldern. Ausgelöst durch Menschen (Eltern, Geschwister, Familienmitglieder, Lehrpersonen, Trainer usw.), die uns zu verstehen geben, dass wir nichts taugen, nichts wert sind, nichts können usw. Hört ein Kind dies oft genug, glaubt ein Kind diese Aussagen und verinnerlicht sie. Der Prozess geht so weit, dass irgendwann die gehörte Abwertung auf sich selbst angewendet wird.
Menschen mit einem angeschlagenen Selbst-Wert-Gefühl tragen häufig ein negatives Selbstbild in sich. Sie meinen wertlos, unfähig, mangelhaft, ungenügend zu sein. Diese mangelnde Selbstannahme zeigt sich im Verhalten, in der Sprache, den Worten.
Wie können Sie Ihr Selbst-Wert-Gefühl entwickeln und sich selbst mehr wertschätzen?
Selbstwert ist etwas ganz Persönliches und kommt nicht vom aussen. D.h. wir kommen nicht umhin, wollen wir unser Selbst-Wert-Gefühl und unsere Selbst-Wert-Schätzung entwickeln, uns mit uns selbst auseinander zu setzen.
Nachfolgend ein paar Möglichkeiten, die Ihnen helfen können, Ihren Selbstwert aufzubauen und eine gesunde Selbst-Wert-Schätzung zu entwickeln.
Abwertende Aussagen erkennen
Ein wichtiger erster Schritt, das Selbst-Wert-Gefühl wieder zu entwickeln ist, sich der Ursachen, Auslöser und Prägungen anzunehmen. Also die Muster, die dem abwertenden Verhalten zugrunde liegen, zu erkennen.
Ein paar Fragen können dabei helfen:
- Mit welchen Sätzen, Aussagen, Worten, Gesten, Mimik werten Sie sich selbst ab?
- Werden Sie sich bewusst, wann und wie das selbstabwertende Muster «anspringt». D.h. was oder wer die Auslöser sind.
- Aus welchen Teilen besteht das Muster?
- Beginnen Sie, dieses Verhalten zu beobachten, nehmen Sie schon ein erstes Mal Einfluss darauf und beeinflussen es.
In einem ersten Schritt ist es hilfreich, diese Aussagen zu notieren, zeichnen, malen, ganz wie es für Sie passend ist. Halten Sie Ihre Beobachtungen regelmässig fest. Das kann täglich sein oder immer dann, wenn Ihnen gerade eine selbstabwertende Aussage oder ein Verhalten widerfahren ist.
Nach ein paar Tagen oder Wochen, werden Sie eine Sammlung von Aussagen, Verhaltensweisen usw. erfasst haben, die Ihnen ermöglichen, die Frage nach dem Muster anzugehen und Tendenzen zu erkennen. Beispielsweise «wenn A ….macht, komme ich in grossen Stress und beginne meine Arbeit oder mich selbst abzuwerten…»
Arbeit mit Selbstannahme
Selbstannahme bietet Ihnen eine andere Möglichkeit. Dabei geht es darum, zu lernen, sich zu akzeptieren und anzunehmen, wie man ist. Schlussendlich können wir durchs Akzeptieren dessen, was wir wahrnehmen auch schrittweise etwas verändern.
Beispielsweise so: «Ich habe diese Art in bestimmten Momenten zu handeln. Ich als Person bin jedoch mehr als dieses Handeln.»
Tagesrückblick – Gut-Gelungen-Tagebuch
Nehmen Sie sich jeden Abend einen Moment Zeit und notieren, zeichnen, malen Sie, was Ihnen heute gut gelungen ist. Halten Sie alles fest – auch Kleinigkeiten.
Liebevoller Blick auf sich selbst
Sollten Sie die Tendenz verspüren, dass Sie gerne vergleichen und andere besser, schöner, intelligenter sind als Sie. Folgende Aufgabe kann helfen:
Finden Sie, dass jemand anderes etwas besser kann als Sie, notieren dazu für den anderen zwei positive Eigenschaften. Haben Sie diese notiert, kehren Sie den «Spiess» um und schauen auf sich selbst: in was sind Sie gut? Und notieren dazu auch zwei positive Eigenschaften. Bleiben Sie dabei in einer liebevollen Haltung sich selbst gegenüber.
Selbst-Ermutigung
Schreiben Sie sich eine Karte oder ein Post-It oder malen Sie für sich ein kleines Bild: der Inhalt sollte etwas sein, was Sie bestärkt oder ermutigt. Schauen Sie sich diese Sätze, Worte oder Bilder immer wieder an.
Selbstfürsorge
Zu diesem Thema verweise ich gerne auf meinen früheren Blog-Artikel «Selbstfürsorge – mehr als ein Wellness-Wochenende».
(Mark Twain)
«Kein Mensch kann sich wohl fühlen,
wenn er sich nicht selbst akzeptiert.»