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Am Anfang von Führung steht Selbstführung

Vor bald dreissig Jahren beim Gestalten der Führungsausbildungen stand für uns die Selbstführung am Anfang. Uns war damals wichtig, dass Menschen, die andere Menschen führen wollen, über eine Portion Selbstkenntnisse verfügen müssten. In der Zwischenzeit hat sich viel entwickelt und für Führungspersonen, die wirkungsvoll sein wollen, reicht eine Portion Selbstkenntnis nicht mehr. Es braucht vertiefte Selbstreflexion und Bewusstheit über die eigenen Handlungsmotive.

Wirkung von Selbstführung in der Führungsarbeit

Führungspersonen, deren Augenmerk entweder bei den Mitarbeitenden oder bei den Sachaufgaben liegt, vergessen dabei oft, dass auch sie selbst Teil des Felds sind und dieses bewusst oder unbewusst beeinflussen.
 
Ein Beispiel aus dem Führungsalltag:
Mitarbeiter X präsentiert etwas und Sie schauen, kaum hat er begonnen, auf die Uhr und sagen «brauchst du noch lange…». Ihnen geht das detaillierte Gestotter des Mitarbeiters auf die Nerven und sie mögen gar nicht zuhören, drehen an Ihrem Schreibstift und hoffen, dass er bald fertig ist. Ihre Ungeduld steigt.


Haben Sie sich schon einmal überlegt, ob ein winziger Teil dieser Situation mit Ihnen zu tun hat? Mit Ihren Erfahrungen, Erlebnissen, Ihrer Haltung, Ihren eigenen Bildern und Gefühlen? Wohl eher nicht… oder doch?

Kennen Sie sich selbst gut und haben sich vielleicht selbst schon einmal in einer ähnlichen Situation befunden, stehen Ihnen Ressourcen und Strategien zur Verfügung, mit Ihrem Unmut und Ärger umzugehen und anders als bisher zu reagieren. Sie können allenfalls sogar für einen Teil des Mitarbeiters Empathie entwickeln und kommen aus der persönlichen Ärger-Schlaufe heraus. Als selbstreflektierter Mensch mit einer guten Portion Selbstführung haben Sie die bewusste Wahl, wie Sie in dieser Situation reagieren wollen. Selbstreflexion und Selbstkenntnisse sind die Basis, als Führungsperson wirksam zu sein. Oder anders gesagt: Sie sind am Steuer und nicht nur Passagier.Scham ist an sich ein natürliches Gefühl, wie Liebe Wut oder Trauer. Wer sich schämt, empfindet etwas das man sieht oder hört als unangemessen. Scham ist eine Emotion, die wir empfinden, wenn wir das Gefühl haben, dass wir ungenügend sind.
Wer sich schämt, erfährt körperliche Reaktionen, wie erröten, schwitzen, Herzrasen, stottern, Schwindel, Muskelverspannungen usw.

Selbstführung und was dazugehört

Selbstführung erfordert immer wieder die ehrliche Auseinandersetzung mit sich selbst, den eigenen Handlungsmustern und Antreibern. Man könnte sagen, die Auseinandersetzung mit den eigenen Sonnen- und Schattenseiten.

All zu oft lassen sich Menschen, vor allem wenn sie unter Druck stehen, frustriert oder gestresst sind, von ihren Emotionen leiten. Das «Ego-Programm» beginnt zu laufen und die Auswirkungen können dazu führen, dass beispielsweise eine Führungsperson aus der Rolle fällt und inadäquat zur Rolle reagiert. Das Geschirr ist zerschlagen und der Schaden kann gross sein.

Selbstreflexion und Selbstführung brauchen Zeit und immer wieder die Neugier, sich selbst besser kennen lernen zu wollen.

Menschen mit der Fähigkeit sich selbst zu führen, übernehmen Verantwortung für das eigene Handeln. Für Führungspersonen bedeutet dies, sich verbindlich, berechenbar, klar, zuverlässig im Tun, Handeln und in der Beziehung zu zeigen. Schuldzuweisungen sind für diese Menschen fremd. Menschen mit einer hohen Kompetenz in Selbstführung verfügen häufig über eine innere Stabilität und Stärke, welche eine offene Kultur des Vertrauens und Miteinanders fördert. Eine wertschätzende Haltung und eine Kommunikation auf Augenhöhe verhelfen auch schwierigen und kritischen Gesprächen zu einer konstruktiven Qualität ohne verletzende oder abwertende Absichten.

Mit wohlwollendem Forschen die eigene Selbstführung stärken

Fragen können helfen, Situationen und Erlebnisse aus der eigenen Sicht wie auch aus der Sicht des Gegenübers zu erforschen. Hilfreich können Fragen wie diese sein:

  • Wie geht es mir / fühle ich mich in dieser Situation / mit dieser Aufgabe / mit dieser Person?
  • Aus welchem Grund handle ich, wie ich handle?
  • Wenn ich nichts ändere, wohin führt es mich (normalerweise) dieses Gefühl?
  • Was müsste anders sein, damit ich mich besser / sicherer / kompetenter fühle?
  • Welche Unterstützung brauche ich selbst in dieser Situation? Wie kann ich sie mir geben?
  • Welche braucht möglicherweise mein Gegenüber?
  • Ermutige ich oder erzeuge ich Angst und Stress bei meinem Gegenüber?
  • Fördere ich Kooperation oder schüre ich Abgrenzung?
  • Wie gelingt es mir Freude und Kreativität am gemeinsamen Wirken zu ermöglichen? Oder verhindere ich dies und verursache Missmut?

Seien Sie bei Ihrem Erforschen liebevoll mit sich selbst. Der liebevolle Umgang mit sich selbst, steht Ihnen zu. 

Alles was uns an anderen missfällt, kann uns zu besserer Selbsterkenntnis führen.

(C.G. Jung)