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Emotionen im Geschäftsalltag – Lust oder Frust?

Hand aufs Herz: Wie reagieren Sie, wenn Sie im Geschäftsalltag einen Wutausbruch eines Kollegen oder einer Kollegin miterleben?

Zählen Sie sich zu denjenigen die sagen: „So starke Emotionen haben im Arbeitsalltag nichts verloren. Er oder sie müssen ihre Emotionen besser im Griff haben.“ oder sehen Sie sich eher auf der Seite „Es ist eine heftige Reaktion, doch ein Wutausbruch kann in dieser Situation genau das Richtige sein.“

Emotionen haben im Geschäftsalltag einen schweren Stand und scheinen eher zu stören als nützlich zu sein. Aussagen wie „Bitte lassen Sie uns sachlich bleiben“ oder „seien Sie doch nicht so emotional, das bringt uns nicht weiter“ kennen wohl viele von uns aus eigenem Erleben. In vielen Organisationen und Unternehmen werden Emotionen tabuisiert, als unnütz oder lästig empfunden. Entscheidungen werden mit kühlem Kopf und klarem Verstand getroffen. Führungspersonen und Mitarbeitende, welche zu emotionsgesteuert sind, müssen auch heute noch mit Skepsis und Vorbehalten rechnen. Das führt dazu, dass sich Führungspersonen und Mitarbeitende anpassen oder gar verstellen, um sachlich, rational und ja nicht zu emotional zu wirken. Die Gefühle verbergen, um vordergründig die Kontrolle zu behalten, stark auszusehen und sich allfällige Probleme vom Hals zu halten. Meine und sicher auch Ihre Erfahrungen zeigen, dass ein solches Verhalten dazu führt, die Kontrolle eher zu verlieren und die eigene Position und Führungsfähigkeit zu schwächen, weil wir uns durch dieses Verhalten selbst lähmen, indem wir nicht sagen, was wir meinen. Wir reden um den heissen Brei herum, sagen JA statt NEIN usw. und hindern uns selbst daran, eine echte Beziehung zu unserem Gegenüber aufzubauen und effektiv zu kommunizieren. Und dabei spielt es keine Rolle, ob wir dieses Verhalten am Arbeitsplatz oder im privaten Umfeld erfahren oder selber praktizieren.

Wie könnte es anders gehen?

Authentisch wäre: eine Person teilt ehrlich mit, wie sie sich gerade fühlt und wie es ihr geht. Wenn wir so etwas hören, berührt uns das. Zum einen, weil es immer noch eher selten ist und zum anderen, weil wir spüren: Das ist echt. Dies erfordert allerdings auch von der zuhörenden Person echtes Interesse am Gegenüber und Aufmerksamkeit.

Manchmal sind Emotionen unbequem und wirken irritieren. Doch gerade darin liegen ihre Kraft und die hilfreiche Information. Sie öffnen Türen zum besseren Verstehen, was dahinter liegt und geben Hinweise zum Nachfragen und Klären.

Führung

Gefühle sind der entscheidende Faktor bei allem, was Führungspersönlichkeiten tun müssten: Vertrauen aufbauen, Beziehungen vertiefen, eine Vision vorgeben, Menschen in Bewegung halten, Kompromisse schliessen, harte Entscheidungen treffen und aus Fehlern lernen. Ohne echte Emotionen sind diese Dinge flach und schal. Es braucht Emotionen, um an der Kundenseite die richtigen Prioritäten zu setzen und im Unternehmen, Mitarbeitende zu begeistern und zu inspirieren.

sich zeigen…

Wenn wir keine oder kaum Emotionen zeigen, liegt es manchmal daran, dass wir uns über unsere Gefühle nicht im Klaren sind. Sind wir verärgert, frustriert, aufgebracht, unterdrücken oder wischen wir diese Gefühle weg. Sind wir indessen motiviert, inspiriert, begeistert und zufrieden, zeigen wir unsere Gefühle ohne es zu bemerken.Das, wofür man sich schämt, wird auf andere projiziert.

Es lohnt sich, sich über die eigenen Gefühle im Klaren zu sein und mehr Bewusstheit für die inneren Erfahrungen zu erlangen. Nehmen Sie sich vor, eine Woche lang, Ihre Stimmung täglich einmal wahrzunehmen. „Wie geht es mir heute? Welche Gefühle nehme ich gerade wahr?“

Geben Sie Ihren Mitmenschen die Chance zu erfahren, wer Sie sind und erlauben Sie sich, Ihren Emotionen etwas mehr Raum zu geben. Getrauen Sie sich, echt zu sein. Die Erfahrung zeigt: zu viel Emotion ist ein sehr viel geringeres Problem als das Gegenteil – nämlich zu wenig Emotion.


Getrauen Sie sich, echt zu sein!

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Wie gut sind Sie im Zuhören?

Ob am Arbeitsplatz, zu Hause, in der Schule, in privaten Beziehungen überall werden Gespräche geführt. Wir argumentieren, ringen, debattieren, streiten mit viel Einsatz und Kraft und versuchen unsere Sicht einzubringen, die anderen für unsere Perspektive zu gewinnen oder uns durchzusetzen. Aus Erfahrung ist der Erfolg solcher Gespräche nicht immer nachhaltig und die gleichen Themen tauchen immer wieder auf.
 
Was in diesen Gesprächen häufig fehlt, ist die Bereitschaft des wirklichen und echten Zuhörens. Wir hören zwar zu, doch parallel läuft bereits ein innerer Prozess, um danach unser Gegenargument einbringen oder antworten zu können.
 
Wie hören wir zu? Uns selbst und anderen? Zuhören – echtes Zuhören – ist etwas, was uns oft nicht leichtfällt oder wir auch nur selten wirklich können. Echtes Zuhören ist eine Königsdisziplin oder eine Königinnen-Disziplin und wirklich angewendet, ein Geschenk für uns und andere.

Echtes, achtsames Zuhören findet auf mehreren Ebenen statt

Interpersonelle Ebene: Es ist die Ebene, auf der ein Mensch in sein eigenes inneres Erleben hineinhört.

Zwischenmenschliche Ebene: Auf dieser Ebene ist eine Person darauf konzentriert, einer oder mehreren anderen Personen zuzuhören. Wir sind all zu oft damit beschäftigt, darüber nachzudenken, war wir sagen werden, wenn wir an der Reihe sind zu sprechen. Es ist jedoch die Art und Weise, wie wir zuhören, die transformativ wirken kann.

Gruppenebene: Auf Gruppenebene hören eine oder mehrere Personen tief auf die Stimmen vieler anderer.

Aufmerksam sein und beobachten sind Schritte zu echtem und achtsamen Zuhören.

Schlüsselelemente

Anwesend sein: Ihr Fokus liegt auf der Person, ohne Ablenkungen

  • Störungen beseitigen (Geräte stumm schalten, Arbeitsbereich geordnet halten)
  • sich Zeit nehmen für ein Gespräch und auch für die Vorbereitung auf ein Gespräch. Bewusst 1 – 2 Minuten, um die eigenen Gedanken zu ordnen, sind gut investiert.

Empathie: Wir sehen die Welt durch unsere Erfahrungen und Überzeugungen. Empathisch sein heisst: eine Situation aus der Perspektive eines anderen wahrnehmen.

Achte auf deine «Signale»: Signale sind eigene Gedanken, physische Reaktionen, Gefühle, die Sie während dem Gespräch wahrnehmen. Diese können ablenken, Ideen blockieren, Lösungen verhindern. Nehmen Sie diese wahr, allenfalls halten Sie im Gespräch einen Moment inne, verlangsamen das Gespräch und gehen den Signalen nach.

Je nach Gespräch können Sie auch sagen: «Ich hänge noch an Ihrer Aussage zu … nach. Können wir darauf zurückkommen. Ich habe noch nicht verstanden, wie Sie das meinen.»

Vorteile des echten und achtsamen Zuhörens

  • Echtes Zuhören ruft Präsenz hervor, die manche als tieferes Zuhören, als Offenheit jenseits der eigenen Vorurteile definieren.
  • Echtes Zuhören ermöglicht es Ihnen, sich ohne Vorannahmen und Vorurteile zu engagieren.
  • Schafft Vertrauen, indem Sie das was andere sagen, wertschätzen und ernst nehmen.
  • Kultiviert echte Verbindungen und Beziehungen mit anderen – die Qualität der Aufmerksamkeit beeinflusst die Qualität des Gesprächs.
  • Hilft zu klären, was wirklich vor sich geht, dass das was unter der Oberfläche blubbert zum Vorschein kommen darf.

 

«Menschen wollen, dass Sie ihre Motivation und die Erklärung für ihr Verhalten in ihren eigenen Begriffen verstehen. Das Schaffen alternativer Interpretationen, das Hören auf das, was sich hinter den Worten verbirgt, ist von Natur aus provokant und notwendig, wenn Sie die wirklichen Probleme, Ängste und Konflikte ansprechen wollen.» (Ronald Heifetz, Leadership on the Line).

Anwenden und Üben

Gruppenebene

Eine Übung für echtes Zuhören auf der Ebene der Gruppe beinhaltet das Hören auf Muster und Themen und die Synthese dessen, was Sie hören. Hören Sie auf das, was auch noch im Raum ist und noch nicht ausgesprochen wurde

Individuelle Ebene

In meiner Coaching-Praxis begegne ich immer wieder Führungspersonen, die gerne sprechen, sich mitteilen wollen, kaum zum Unterbrechen sind. Das mag zu Beginn sehr interessant sein. Stellt sich dies jedoch als die Kommunikationsart heraus, die diese Führungsperson auch im Alltag pflegt, stellt sich mir die Frage wer wem noch zuhört?

Eine Übung für wirkliches Zuhören auf der individuellen Ebene ist, auf das zu hören, was in der Person, also in mir selbst, lebendig ist und noch nicht ausgesprochen wurde. Was sind die tieferen Nöte, Wünsche, Gefühle, Emotionen, Sehnsüchte, Bedürfnisse, Ängste, Befürchtungen von mir selbst? Was drücke ich möglicherweise aus ohne dass es mir bewusst ist? Welche Signale sende ich? Und wie oft höre ich mir wirklich und echt zu?

Ich glaube daran, dass das grösste Geschenk, das ich von jemandem empfangen kann, ist, gesehen, gehört, verstanden und berührt zu werden.
Das grösste Geschenk, das ich geben kann, ist, den anderen zu sehen, zu hören, zu verstehen und zu berühren.
Wenn dies geschieht, entsteht Beziehung.

(Virginia Satir)
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Lass los und du hast die Hände frei…

…so ähnlich lautete bereits Katrin Wiederkehrs Buch, das ich vor Jahren in den Händen hielt. Jetzt beim Aufräumen meines Bücherregals ist es mir wieder begegnet. Zahlreich sind heute Bücher, Artikel, Blogs und vieles mehr zu diesem Thema.

Loslassen … lass los … immer wieder taucht dieses Wort oder dieser Hinweis auf. Sei dies im privaten oder im beruflichen Alltag und er begegnet wohl nicht nur mir immer wieder. Loslassen soll man Gewohnheiten, Ängste, Menschen, Überzeugungen, Anspannung, Beziehungen,,Gewicht, Gedanken, usw. dann wird alles leichter – so die Vorhersagen.

Wäre es so einfach, würden dazu nicht zahlreiche Ratgeber geschrieben, den Loslassen ist nicht damit getan, einen Schalter umzulegen.

Einfach loslassen? Und warum es doch nicht so einfach ist…

Ob in Organisationen wenn’s um Veränderungsprozesse geht oder auch von Führungspersonen, wenn Mitarbeitende ihren Vorstellungen nicht entsprechen höre ich öfters „der oder die kann einfach nicht loslassen…“.

Ist es so einfach zu sagen, „der oder die kann nicht loslassen“? Sind wir nicht immer wieder dazu aufgefordert, loszulassen? Bei Vielem hat das Loslassen keine besondere Bedeutung. Wer denkt den zum Beispiel daran, dass er beim Kauf eines neuen Schreibstifts den Alten loslässt?

Bei grösseren Veränderungen realisieren wir viel bewusster, das loslassen gefragt ist und festhalten wohl nicht länger geht. Nur – was gewinne ich oder was verliere ich? Wann ist der richtige Zeitpunkt? Wie lange kann ich noch am Alten festhalten und wann ist es Zeit, loszulassen bzw. wann muss ich vielleicht auch loslassen? Kann ich nicht doch noch im Alten bleiben bis zur Pension? Wenn Veränderungen beispielsweise im Arbeitsleben von aussen lanciert und der Einführungstermin für ein neues Produkt, einen neuen Arbeitsprozess, eine neue Technologie oder eine neue Form der Zusammenarbeit gesetzt werden, gibt dies einen zeitlichen Fokus oder auch Druck. Wenn ein eingefahrenes Verhalten nicht mehr funktioniert und ich mir wünsche, etwas zu verändern, muss ich mich selbst bewegen, Neues wagen und das Alte loslassen.

Wie und warum halten wir an etwas fest?

Jeder Mensch geht mit Herausforderungen anders um. Und diese Herausforderungen hinterlassen bei jedem Mensch auch andere emotionale Abdrücke. Einfache Ratschläge helfen also nicht.

Gründe können sein:

  • Verlustängste:
    • Wie werde ich im Unternehmen angesehen, wenn ich plötzlich meine Position aufgebe?
    • Wenn ich dies nicht tue oder da nicht mitmache, habe ich dann noch einen Job?
    • Verliere ich meinen Job, kann ich meine Rechnungen nicht mehr bezahlen?
    • Wenn ich dies nicht mehr tue, was dann? Angst vor innerer Leere oder einer Lücke.
    • Verliere ich meinen Partner, bin ich dann einsam.
    • Ich habe bereits jemanden verloren und möchte dies nicht noch einmal erleben…
  • Was kommt danach?
    • Bei Veränderungsprojekten gilt es immer auch, den Gewinn für die Mitarbeitenden im Auge zu behalten. Lässt sich für den /die Mitarbeiter:in ein Gewinn ableiten, kann der Schritt leichter fallen. Ohne erkennbaren Gewinn für die Mitarbeitenden wird der Weg steiniger.
  • Bequemlichkeit
    • Der Arbeitsweg ist praktisch und man möchte darauf nicht verzichten. Nimmt lieber die unangenehme Situation am Arbeitsplatz in Kauf.
    • Möchte jemand mehr Kontakt zu anderen Menschen, müsste er oder sie sich nach aussen bewegen und das ist unangenehm.

Loslassen – Zulassen ?!

Oft verwechseln wir loslassen mit loswerden. Loslassen bedeutet, etwas mit Mitgefühl gehen und sich verändern lassen, weil es für die heutige aktuelle Zeit und Lebens- bzw. Arbeitssituation nicht mehr notwendig oder zweckmässig ist. In diesem Sinne heisst loslassen auch transformieren und sich weiter entwickeln. Dazu gehören Fehler machen, hinfallen, wieder aufstehen, unbequem werden, vielleicht für den Moment einsam, weil die neuen Freunde noch nicht da sind, weniger angesehen, weil wir noch nicht Meister/innen im Fach sind… Loslassen braucht auch Entscheide fällen, dran bleiben, sich verunsichern lassen und manches mehr.

Wie kann es gelingen?

Zu Beginn lohnt es sich, einen grösseren Blickwinkel über die gesamte Situation zu erhalten. Dazu hilft die kleine Brücke ERKENNEN – WAHRNEHMEN – LOSLASSEN

  • Erkennen, wie die Situation entstanden ist und was sie aufrecht hält
    Beispiel: das Team war klein, sehr familiär, nun ist es plötzlich viel grösser; neue und langjährige Mitarbeitende, Beziehungen sind weniger familiär usw. – jetzt heisst es vermehrt Führung wahrnehmen, Orientierung schaffen, weniger beim Team sein, mehr Rollenklarheit gewinnen und erzeugen.
    Wären Sie in dieser Situation, was würde Sie daran hindern, das alte Team loszulassen? Sind es Ängste, Zweifel, die das Loslassen verhindern? Welche Befürchtungen, Sorgen, Gedanken stecken dahinter?
  • Nehmen Sie wahr, welches Ihre Glaubenssätze oder Ihre inneren Kritiker hinter den Ängsten, Zweifeln, Sorgen sind? Es nicht zu schaffen, zu versagen, sich zu exponieren, nicht zu genügen.
    Gestehen Sie sich ein, dass es Ihre Gefühle sind! Nicht das Team hat die Zweifel. Nehmen Sie bewusst wahr, wie diese Gefühle und Gedanken Ihr Handeln blockieren. Es ist an dieser Stelle wichtig, diese Ängste bewusst wahrzunehmen, zu spüren und die nötigen Schritte abzuleiten, damit Sie wieder in den Fluss kommen und Ihre emotionale Staumauer sich auflösen kann.
     
  • Loslassen: Jetzt fällt es Ihnen leichter loszulassen, dem Team etwas zu zutrauen und sich auf die eigentliche Führungsrolle mit mehr Klarheit und Rollenbewusstsein zu konzentrieren. Damit kommen Sie automatisch wieder mehr in Ihr Vertrauen, wenn Sie Ihre Ängste, die hinter den Sorgen und Befürchtungen verborgen sind, bewusst wahrnehmen.

Diese Hilfestellung kann Sie darin unterstützen, das anzunehmen was ist, damit sich diese unterschwelligen, irritierenden Gefühle auflösen können. Nun können Sie die Aufmerksamkeit davon wegnehmen und loslassen. Mit Ihrer Unterstützung entwickelt sich das neue Team und erhält ein anderes Gesicht als das bisherige familiäre Team.


Alles ist ein Prozess – auch loslassen. Deshalb lade ich Sie ein, dieses Experiment in Ihren Alltag zu integrieren und immer wieder mal auszuprobieren. Je öfter Sie es anwenden, umso wirkungsvoller wird es sein!

Loslassen ist mitunter ein schwieriger Prozess und er begleitet unser gesamtes Leben, Dinge loszulassen, wenn wir uns verändern wollen. Wollen wir uns weiter entwickeln, kann dies nur funktionieren, wenn wir neue Wege gehen. Also muss alt hergebrachtes hinter uns gelassen werden.

Ihnen wünsche ich wunderbare persönliche und berufliche Entwicklungen und ein leichtes Loslassen von all den Dingen, die Sie bei Ihrer Entwicklung behindern.


Die Kunst eines erfüllten Lebens ist die Kunst des Lassens: Zulassen, Weglassen, Loslassen.

(Ernst Ferstl)

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Rang, Macht und Privilegien beeinflussen unsere Beziehungen

Haben Sie sich auch schon gewundert, warum Sie sich manchmal in einem Gespräch minderwertig fühlen? In einem anderen Gespräch dagegen fühlen Sie sich grösser als Sie sich selber sehen? Ein Indiz dafür können Rangunterschiede sein.

Wenn sich zwei Menschen begegnen, treffen unterschiedliche Welten aufeinander. Oft versuchen wir die Verschiedenheit unserer Wahrnehmung der Welt klein zu halten, um die „Harmonie“ in Beziehungen nicht zu gefährden. Die Verschiedenheit unserer Erfahrungen und Wahrnehmungen der Welt lassen eine Rangstruktur durchscheinen, die jede Beziehung beeinflusst.

Rang existiert auf verschiedenen Ebenen und wird durch Signale eingebracht z.B. durch Haltung, Ton, Lautstärke, Kleider, Sprache, Gestik, Mimik usw. Den eigenen Rang kann man nicht verstecken. Drückt man den eigenen Rang nicht kongruent aus, wird er in sogenannten Doppelsignalen sicht- und wahrnehmbar.


Rangkategorien nach Arnold Mindell

Sozio-ökonomischer Rang: Geerbt oder erworben >  Hautfarbe, Geschlecht, Nationalität, Gesellschaftsschicht, Finanzkraft, Körperkraft, – grösse, Gesundheit, Bildung, Kompetenz, Religion, Familienstand, sexuelle Orientierung, Alter, Rationalität oder Emotionalität, Lautstärke der Stimme

Kontextueller und struktureller Rang: Innerhalb einer Organisation oder eines Arbeitsplatzes, Hierarchie, Grösse des Büros, wie und wo der Arbeitsplatz angeordnet ist, Entschädigungen, Geschäftsauto, kulturelle Normen innerhalb Organisation etc.  Wie lange bin ich dabei? Wie beliebt bin ich? Wie vernetzt?

Psychologischer / spiritueller Rang: Lebenserfahrung, bewältigen von schwierigen Lebenssituationen, wie ausgeglichen, balanciert bin ich, wie gut kann ich mich ausdrücken, einfühlen in andere, anders Denkende oder Handelnde? Wie verhalte ich mich in Stresssituationen, oder in Konflikten? Fühle ich mich von etwas Grösserem getragen, mit einer grösseren Kraft / der Natur verbunden?

Rang und Privilegien

Mit jedem Rang sind Privilegien verbunden. Wer in stabilen finanziellen Verhältnissen lebt (sozio-ökonomischer Rang) hat das Privileg, in einem Restaurant zu essen, wenn er Hunger hat. Eine Führungsperson in einem Unternehmen hat das Privileg, den Vorschlag eines Mitarbeiters abzulehnen, wenn er ihm nicht gefällt (struktureller Rang). Jemand der viel an sich gearbeitet hat, kann in einer schwierigen Beziehungssituation das Gespräch vorschlagen und dabei  sich selbst und auch sein Gegenüber unterstützen (psychologischer Rang).

Tiefer Rang – hoher Rang

Wir alle können relativ rasch Eigenschaften oder Besitztümer aufzählen, die uns fehlen und die wir anstreben oder gerne hätten. Wir wissen genau in welchen Feldern uns Rang fehlt, wo wir dauernd kämpfen und uns rechtfertigen müssen. Im Gegenzug haben wir wenig Bewusstsein über unseren eigenen Rang und unsere Privilegien. Diese Unbewusstheit führt zu vielen Missverständnissen und zu Verletzungen.

Ein Beispiel: Wenn Sie in der Führung eines Mitarbeiters einfach nicht weiter kommen und all Ihre Versuche, die anstehenden Schwierigkeiten zu überwinden, an einer stoischen Passivität scheitern, fühlen Sie sich in diesem Prozess im Vergleich zu Ihrem Gegenüber klein oder in einem tieferen Rang; es gelingt Ihnen nicht, Ihren Mitarbeiter zu mobilisieren. Sie fühlen sich als Opfer in der Situation.

Rang und Konflikt

Etwas genauer betrachtet, könnte diese Situation für beide Seiten deckungsgleich sein: «Ich befinde mich im Kampf mit einem übermächtigen Gegenüber, das sich nicht bewegen lässt oder mich nicht versteht.» Beide Seiten erfahren sich als Opfer und werden immer hoffnungsloser. Das ist eine typische Konfliktsituation, wie sie sich auf der Welt überall beobachten lässt. Sie ist eine der Grundbedingungen für Eskalation in Konflikten: Je schwächer und machtloser sich die beiden Konfliktparteien fühlen, umso erbarmungsloser wird der „Krieg“ geführt.

Solange keine Seite den Zugang zur eigenen Kraft findet und damit Verantwortung für den eigenen Rang übernimmt, kommt es zu keiner Deeskalation. Beide Opfer verteidigen sich gegen die dominante und ignorante Kraft auf der anderen Seite. Damit sich diese Dynamik umdrehen lässt und sich Konflikte lösen lassen, muss mindestens eine Seite über ihren eigenen Schatten springen und sich damit identifizieren, „stark“ zu sein und sich mit dem eigenen hohen Rang identifizieren.

Ein Schlüssel: Rang-bewusst

Der Schlüssel zu einem Zusammenleben und Zusammenarbeiten mit tragfähigen Beziehungen liegt unter anderem darin, dass alle Beteiligten mehr über die Beschaffenheit und Wirkung ihres eigenen Rangs verstehen und sich diese Kraft zugänglich machen. Wenn ich meinen Rang nicht annehme, verliere ich an Kraft und Authentizität.

Beispiel: Der frisch eingesetzte 32-jährige Ausbildungsleiter will mit allen Lernenden regelmässig ein Gespräch führen. Er lädt sie in sein Büro ein und das Gespräch sollte ohne Agenda einen eher informellen Charakter haben. Der Gedanke des Ausbildungsleiters: sie sind ja nicht viel jünger als ich und ich habe vor Jahren auch hier meine Lehre absolviert. Im Gespräch verhielten sich die Lernenden freundlich, zurückhaltend und äusserten sich wenig spontan.

Was ist passiert? Der Ausbildungsleiter ist sich der Gesprächssituation und der Rollen wenig bewusst. Kraft seiner Funktion erteilt er den Lernenden Anweisungen, kontrolliert Aufgaben und Lehrzeugnisse, nimmt Beurteilungen der Lernenden vor, empfiehlt sie für Weiteranstellung nach der Lehre usw. Viele Faktoren, welche das Weiterkommen der Lernenden im Unternehmen beeinflussen.
In diesem Kontext ist es ein Irrtum anzunehmen, dass sich die abhängigen Lernenden offen und unbefangen verhalten würden. Auch wenn hinter dem Treffen gute Absichten stecken.  Werden diese Treffen in derselben Art fortgeführt und  die Rangunterschiede weder benannt noch berücksichtigt, kann dies dazu führen, dass die Rangniederen Widerstand (z.B. störendes Verhalten, Aggressivität) entwickeln, weil sie immer wieder in diese „Zwangslage“ gebracht werden.

Arnold Mindell sagt dazu: „Rang ist wie eine Droge, je mehr ich davon habe, umso weniger ist mir bewusst, wie ich andere damit negativ beeinflusse. Es geht nicht darum, Rang zu überwinden, sondern ihn wahrzunehmen und konstruktiv zu nutzen.” oder anders gesagt: „Rang unbewusst nutzen ist wie Gift, Rang bewusst nutzen ist wie Medizin für eine Beziehung.“

Schritte zu Rangbewusstsein

Sie können damit beginnen, eine Bestandesaufnahme Ihres eigenen Rangs zu erstellen und schauen, wie Ihr jeweiliger Rang Ihr Verhalten und die Reaktionen auf andere beeinflusst. Wenn dies auch von anderen im Team oder der Organisation an die Hand genommen, darüber gesprochen und geteilt wird, kann es die Interaktionen und das Verhalten in einer Organisation verändern.

Der Zweck der nachfolgenden Aufgabe ist es, rangbewusst zu werden um den eigenen Rang sorgfältig nutzen zu können. Den ersten Schritt der Aufgabe dient zur eigenen Auseinandersetzung mit Rang. Gleichzeitig kann dieser Schritt auch mit dem eigenen Team oder einer Gruppe, von der Sie Teil sind, angewendet werden.

Schritt 1

Mit welchem Rang identifizierst du dich? Versuche so konkret und genau die Situationen zu betrachten in denen du

  • Sozio-ökonomischer Rang
  • Kontextueller, struktureller Rang
  • Psychologisch, spiritueller Rang 

hast. Notiere die Antworten und denk darüber nach, wie diese Ränge dich fühlen und/oder handeln lassen. Notiere auch dies.

Schritt 2

Teile mit einer anderen Person deine Einsichten und Notizen, welche diese Aufgabe ebenfalls gelöst hat. Beginnt damit, indem ihr eure hohen Ränge feiert. D.h. auch den hohen Rang annehmen.

Erinnere dich, dass Rang einfach ist und beim bewussten Besetzen dieses Rangs, sich Menschen mit tieferem Rang durch deine Bewusstheit und Sorgfalt im Umgang mit deinem hohen Rang weniger negativ betroffen (herabgesetzt, minderwertig, an den Rand gestellt) fühlen. Den hohen Rang nicht annehmen, irritiert bei der Gegenseite.

In der Gruppe können anschliessend ein gegenseitiges Feedback und eine Diskussion stattfinden. Weiter kann gemeinsam darüber nachgedacht werden, wie Rang die Beziehungen in der Gruppe beeinflusst.

Rang konstruktiv genutzt, ist Medizin für jede Beziehung!

(Reini Hauser)
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Krankheit – ein Weckruf?

Was wäre, wenn Krankheit ein Kommunikationssignal wäre…

Die Zeit zwischen den Jahren diente mir zum Lesen und Nachlesen von aufgehobenen Artikeln, Newsletter, Büchern. Ein Thema, das mir dabei immer wieder begegnete, waren die Gesundheits- bzw. Krankheitskosten der Schweiz. Nach Statistik sind wir jetzt pro Jahr bei über 84 Milliarden Franken mit steigender Tendenz.

Die Energie folgt der Aufmerksamkeit

Diese Zahlen sind die eine Seite der Medaille, die betroffenen Menschen die andere. Menschen, die Schmerzen, Ängste, Not, Hoffnungslosigkeit, Trauer, Hoffnung, Genesung erfahren. Und ich frage mich – auch weil die Zahl meiner Kundinnen und Kunden mit körperlichen oder psychischen Beschwerden zunimmt – was wir tun können, um mehr Wert auf eine gesunde Lebensweise zu legen. Würden wir über Gesundheit genauso viel reden wie über Krankheiten, böte sich möglicherweise ein anderes Bild. Aus der Psychologie und aus Change-Prozessen kennen wir den Satz: «Die Energie folgt der Aufmerksamkeit.» Ähnlich hat es bereits Marc Aurel festgestellt, dass auf die Dauer «die Seele die Farbe der Gedanken annimmt».

Freude und Wohlbefinden

In einem Coaching versuche ich zum einen, mit Menschen vermehrt über Freude, Gesundheit und Wohlbefinden zu sprechen und das Augenmerk nicht nur auf die Krankheit zu legen. Das kann beispielsweise sein: «Welche Dinge sind gut für Ihren Körper und Ihre Seele?» Zum anderen hilft, das achtsame Entfalten des Symptoms zu verstehen, was die dahinterliegende Botschaft sein kann. Krankheit oder Krankheits-Symptome können uns helfen, tieferliegende und lebenswerte Impulse zu erkennen und unseren Weg neu auszurichten und dadurch wieder frei, energievoll und heil zu werden – voll Lebenslust, Begeisterung, Neugier, Vertrauen und Zuversicht.

Die schöpferische Kraft

Der Körper ist kein Kriegsgebiet oder Feindesland. Es gibt keinen Kampf zu gewinnen oder zu verlieren und es gibt kein Übel das ausgemerzt werden muss oder etwas das man weghaben will. Krankheit und Körpersymptome sind die Art und Weise, wie unser Körper mit uns kommuniziert. Wie hilfreich wäre es, wenn wir unseren Blickwinkel verändern würden und in einer Krankheit oder einem Körpersymptom einen Weckruf sähen, der gehört und Ernstgenommen werden und möglicherweise unserem Leben eine andere Richtung geben will? Nach A. Mindell ist Krankheit nicht nur eine Störung, sondern auch Ausdruck einer schöpferischen Kraft, die sich symbolisch im Symptom äussert.

Fragen zum Weiterdenken

  • Wenn Sie auf vergangene Krankheiten oder Verletzungen zurückschauen, gab es da jeweils einen Zusammenhang zwischen Ihrem körperlichen Zustand und Ihrer geistigen, emotionalen Gesundheit?
  • Haben Sie danach die Balance wieder gefunden und wie haben Sie das geschafft?
  • Wie können Sie heute, egal wie Ihr körperlicher Zustand sein mag, das Leben feiern?
  • Welchen Aktivitäten, die Ihnen Freude machen und Ihnen guttun, könnten Sie sich heute widmen?

Lust auf eine kleine Forschungsreise?

  • Wähle ein aktuelles Symptom, das du jetzt wahrnehmen kannst – sitze still und fühle tief hinein. Was nimmst du wahr?
  • Bleibe bei deinen Körperempfindungen und finde eine Körperhaltung, die dir ermöglicht, noch intensiver zu empfinden? Was nimmst du jetzt wahr?
  • Drücke nun mit einer oder beiden Händen aus, was du als Symptom empfindest.
  • Was würdest du tun, wenn dein Körpersymptom bestimmen könnte, was du tun solltest?
  • Wie würde sich dies auf dein Leben auswirken, wenn du das, was du erkannt hast, mehr in dein Leben einbringen und tun würdest?

 

Mit der Zeit, nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an.

(Marc Aurel)